Zeitschrift
GOTTGEWEIHT
Jahrgang 22, 2009
Heft 1
Aus dem Inhalt:
Das Lächeln Mariens
Ildefons M. Fux OSB,
Was ein Novizemeister bedenken soll
Katharina M. Bommes, Der Gehorsam Jesu Christi
Ildefons M. Fux OSB, Julie von Massow (1825-1901)
Für Sie gelesen
GOTT ALLEIN
Wir beginnen den 22. Jahrgang von „Gottgeweiht“. Möge er gesegnet sein und zum Segen für viele werden! Es ist keine laute Stimme, die da im „Medienwald“ auf sich aufmerksam macht, sie ist ganz auf die Gnade angewiesen, die Maria uns allen erbitten möge. Wenn sie uns lächelt …, dann dürfen wir in einer krisengeschüttelten Welt und in einer bedrängten Kirche Hoffnung haben. Der Turmbau zu Babel gerät erneut ins Stocken, der Aufbau einer Wohlfühl-Welt, die Gott nicht mehr zu brauchen glaubt, erweist sich erneut als Lüge, die sich dennoch als Wahrheit auszugeben weiß. Ohne Gott wird alles möglich: die Tötung Unschuldiger als Fortschritt zu verkaufen, den Menschen zum Material für die Forschung, die Heilung und Gesundheit schaffen will, zu erniedrigen. Und wer grinst da hämisch hinter den Kulissen?
Die Frömmigkeit ist zu allem nütze, und ein geistliches Leben zu führen ist Pflicht der Gerechtigkeit gegenüber Gott, und darf nicht in die Beliebigkeit eines Hobby abgedrängt werden. Wenn Gott Gott ist, dann kann ihm allein das Alles entsprechen. Dieses Alles zu verwirklichen, dazu will auch unsere Zeitschrift ihren kleinen Beitrag leisten.
Dem König der Ewigkeit,
dem unvergänglichen, unsichtbaren, einzigen Gott,
sei Ehre und Herrlichkeit in alle Ewigkeit. Amen.
DAS LÄCHELN MARIENS
Papst Benedikt XVI. hat uns im Rahmen seiner Frankreich-Reise und insbesondere bei seinem Aufenthalt als Pilger in Lourdes eine Reihe von Ansprachen hinterlassen. Sie sind es wert, als wahres Geschenk betrachtet und mehr als nur einmal überlegt und bedacht zu werden. Am Gedenktag der Schmerzen Mariens, am 15. September 2008, spendete er auf dem Vorplatz der Basilika in Lourdes einigen Kranken das Sakrament der Krankensalbung und hielt bei der Eucharistiefeier jene Homilie über das Lächeln Mariens, aus der wir im Folgenden ein wenig schöpfen wollen.
Eingangs verweist der Heilige Vater darauf, dass weder Jesus noch seiner Mutter eine stoische Unempfindlichkeit zu eigen war, eine Gefühllosigkeit, die keine Freude und keine Trauer kennt. Jesus hat geweint, und auch Maria hat geweint. Wie sollte sie auch nicht weinen, wenn sie, unter dem Kreuz stehend, den misshandelten, zerfleischten Leib ihres Sohnes sieht, der „Bein von ihrem Bein“ ist und dem sie durch so viele Jahre alle Sorgfalt hatte angedeihen lassen. Doch ist ihr Ja zum Willen des Vaters ungebrochen. Sie will das, was Jesus will, und vereint mit seinem Herzensopfer bringt auch sie ihr eigenes Beten und Bitten mit lautem Schreien und unter Tränen vor Gott (vgl. Hebr 5,7). In dieser Stunde wird ihr und uns die ihr eigene, universale Mutterschaft geoffenbart, als Jesus ihr den Jünger, den er liebte, anvertraut. Nun wissen wir, dass sie unsere Mutter ist.
Eure Trauer wird sich in Freude verwandeln (Jer 31,13), und die Tränen Mariens sind nun einem Lächeln gewichen, das sie, aufgenommen in die Auferstehungsherrlichkeit des Himmels, bei ihrer Mutterliebe zu uns begleitet. Sie lächelt, und wie könnten kleine Kinder ihre Mütter nicht zum Lächeln bringen, wenn ihnen das sogar bei den grimmigsten und rauesten Charakteren gelingt? Dieses Lächeln Mariens zu suchen habe nichts mit Sentimentalität zu tun, sagt der Papst, es gilt ja allen und jedem Einzelnen und ist vorgegebene Tatsache. Die Edlen des Volkes suchen die Gunst und das Lächeln der Königin-Braut (vgl. Ps 45,13), die äußeren Zeichen von Zuneigung und Liebe.
So hat es Bernadette am Mittwoch, dem 3. März 1858, an der Grotte von Massabielle erfahren dürfen. Dieses Lächeln der überaus schönen Frau entschädigte sie gleichsam für alle Bedrängnisse und seelische Qualen, denen sich das einfache Mädchen in diesen Tagen und Wochen ausgesetzt sah, und war ihr Stütze und Ermutigung. Müssten wir es nicht auch selber wieder lernen, oft und oft in das Antlitz Mariens zu schauen, unsere Augen in ihre Augen und in das Herz dieser Mutter zu versenken und ihr Lächeln mit dem unseren zu erwidern? Dein Gesicht lass mich sehen, deine Stimme mich hören! (Hld 2,14). Und: Schön bist du, meine Freundin, ja, du bist schön! (Hld 1,15; 4,1). Maria ist so schön, sagt Bernadette, dass man sterben möchte, um sie wiederzusehen.
Das alles muss in seiner Verbindung und Einheit mit Gott gesehen werden, der ja Ursprung und Quelle aller Schönheit ist. Im Lächeln, dieser ganz schlichten Äußerung von Zuneigung, erfassen wir, dass unser einziger Reichtum die Liebe ist, die Gott zu uns hat und die durch das Herz jener geht, die unsere Mutter geworden ist (Benedikt XVI.). Hat nicht auch Jesus selbst gelächelt, als er die Kinder zu sich rief und sie umarmte? (vgl. Mk 10,16). Dieses Lächeln gilt es nun weiterzutragen und allen Menschen zu bringen.
O Stern im Meere, Fürstin der Liebe,
aller Betrübten Labung und Trost!
Wenn Du mir lächelst, fürcht‘ ich kein Unheil,
alles ist heiter, alles ist gut!
|: Höre mein Flehen, neige Dein Antlitz,
gib, meine Herrin, Friede und Heil! :|
O Stern im Meere, Mutter der Schmerzen,
aller Bedrängten Hilfe und Trost!
Wenn Du mich tröstest, trocknen die Tränen,
schwindet all‘ Trübsal, schwindet all‘ Leid!
Höre …
O Stern im Meere, Pforte des Himmels,
aller der Pilger Hoffnung und Ziel!
Wenn Du mir leuchtest; wenn Du mich leitest,
schweigen die Stürme, find ich den Port!
Höre …
Ildefons M. Fux OSB
JULIE VON MASSOW (1825-1901)
Landedelfrau, Dichterin, Konvertitin, „Psalmenmutter“
Julie von Massow ist heute eine längst Vergessene, die es jedoch durchaus verdiente, in das Bewusstsein von Protestanten und Katholiken neu einzutreten, ihrer Begnadung zu achten und die Botschaft ihres Lebens wahrzunehmen. Das 19. Jahrhundert, in dem Julie lebte, und ihre norddeutsche Herkunft mögen niemanden daran hindern, das Edle in dieser Frau zu sehen und es auch nachzuahmen.
Sie war tatsächlich eine Edle in umfassendem Sinne; einem uralten Rittergeschlecht derer von Behr entstammend, das in Pommern, im östlichen Preußen, reich begütert war. Ihre Wiege stand in Pinnow, in einem Gebiet an der Ostsee, das bis 1815 schwedisch gewesen war. Am 24. November 1825 wurde Julie Wilhelmine Karoline Aurelia dort geboren und am 8. Dezember d.J. getauft, selbstverständlich im protestantischen Ritus, wie ganz Pommern reformatorisch geprägt war. Die Geschwisterschar wuchs bald auf insgesamt fünf Kinder an: Es galt zwei Söhne und drei Töchter zu erziehen. Julie erwies sich bald als sehr wissbegierig und bildungshungrig; Französisch, Englisch und Schwedisch lernte sie „wie von selbst“. Den Winter verbrachte die Familie zumeist in Berlin, wo Julie auch eine „Schule für Höhere Töchter“ – so hieß es damals – besuchte. Der Vater verstarb allzu früh.
Im Alter von fast 18 Jahren, am 8. Oktober 1843, wurde sie zur ersten Abendmahlfeier zugelassen – nach vorheriger Beichte (!). (Die Ohrenbeichte hatte sich bis zu dieser Zeit und in dieser Region im Protestantismus erhalten, obwohl sie nicht mehr als Sakrament galt.) Schon zu dieser Zeit entwickelte sie eine große Liebe zu den Armen, die sich in Krankenbesuchen im Dorf, Suppenverteilung und in der Vorbereitung von Weihnachtsbescherungen äußerte.
Am 16. April 1847 verstarb ihre Mutter und Julie hatte eine vermehrte Last an Verantwortung zu tragen. In ihr Tagebuch schrieb sie die Worte: „Beten und Arbeiten“.
1848 war ein Jahr der Revolution, 1849 brachte Epidemien von Cholera und Typhus. Nun weilte sie viele Monate in Berlin, wurde in die „große Welt“ eingeführt, hinterließ aber in den Salons einen eher schüchternen und befangenen Eindruck. Hier machte sie auch die Bekanntschaft mit dem berühmten Rechtsgelehrten Friedrich Carl von Savigny (1778-1861), dessen Gattin die Schwester des Dichters Clemens Brentano (1778-1842) war. Hier lernte sie auch Luise Hensel (1798-1876), eine bekannte Lyrikern und Konvertitin, kennen, die Tochter eines evangelischen Pastors aus Brandenburg. Ein Erlebnis aus dieser Zeit sei hier festgehalten:
Frau von Savigny nahm Julie einmal mit sich und besuchte mit ihr die fünf Schwestern Borromäerinnen, die in Berlin ein Waisenhaus unterhielten. Julie war tief beeindruckt. Ein Leben ganz ohne Ich und ganz für das Du, schrieb sie nieder, ein Tempel des Friedens inmitten einer fremden Welt. Und sie setzte fort: Mir ist, als hätte ich nie so strahlende Mienen und Blicke gesehen ... Ich habe kein böses Gesicht gesehen, kein klagendes Wort gehört, und überall war Ordnung. Wie denn die „Nonnen“ ihr Leben und ihr Haus finanzierten? Gott gibt uns immer, was wir bedürfen und wünschen.
Julie liebte nicht nur die Unterhaltung mit geistreichen Leuten; sie liebte auch das Reisen. 1850 führte sie diese Reiselust nach Neapel, und da der exilierte Papst Pius IX. noch in Gaëta residierte, wusste die Gruppe junger Damen, eine Audienz bei Seiner Heiligkeit zu erlangen. Sie freuten sich wie die Kinder und waren ganz erfüllt von so viel geistlicher Hoheit und Würde. Im Petersdom zu Rom wird Julie keinen Anstand daran nehmen, auch selbst den Fuß der Petrus-Statue zu küssen.
Das lässt sich nun immer wieder beobachten: Ungeachtet ihrer hohen Intelligenz – nun war sie ja auch schon im Lateinischen und Griechischen zuhause, bald auch im Hebräischen, und wusste sich auch im Dänischen, Norwegischen und Spanischen auszudrücken, - hatte sich Julie eine bezaubernd-entwaffnende Kindlichkeit bewahrt. Der Geist muss nicht in jedem Fall „Widersacher der Seele“ sein. Sie freute sich kindlich über sogenannte Kleinigkeiten, und alles wurde in ihrer Seele zum Lobpreis Gottes. In der katholischen Kirche, der „Mutterkirche“, erfreute sie eigentlich alles: Kunst und Kultur, die Liturgie mit ihren lateinischen Hymnen und Gebeten, der Weihrauch, die Gebräuche der Volksfrömmigkeit, das Glockengeläute, das schlichte Marterl am Straßenrand, vom Madonnenbild bis zum einfachsten Kirchenlied. Ihre Seele war längst unbewusst katholisch, und konfessionelle Enge und Streitbarkeit lagen ihr gänzlich fern; wie dieses Fehlen jedweder Aggressivität auchdem Protestantismus ihrer Pommerschen Heimat ganz zu eigen war.
Nach ihrer großen Reise in den Süden und wieder in die Berliner Salons zurückgekehrt, lernte sie einen adeligen Witwer kennen, einen ehemaligen Minister des preussischen Königs: Valentin von Massow (geb. 1802). Beide fanden aneinander Gefallen in tiefer Wertschätzung. Wir begegneten uns heute in der Kirche; wir grüßten einander und beteten tief geneigt, beide gleich innig, und das war unsere Verlobung ... Am 8. Juni 1852 war Hochzeit, und Julie folgte ihrem Gatten, der drei Kinder aus erster Ehe mitgebracht hatte, auf dessen Landsitz Rohr in Pommern. Die beiden hielten zusammen Morgen- und Abendandacht, die jeweils aus einem Kapitel der Heiligen Schrift und aus einem Psalm bestanden. Julie las katholische Literatur: Alban Stolz, Franz von Sales und Ida Gräfin Hahn-Hahn, mit der sie schon früher bekannt geworden war. Für die protestantischen Dorfkirchen im Umland stiftete sie Marienbilder und führte Marienlieder ein, beispielsweise „Meerstern ich dich grüße“. Für die Sonntage verfasste sie die sogenannten „Dorfgebete“. Ihr Gatte bat sie vor jedem Abendmahlsgang um Verzeihung. Und sagte ihr Dank: Ich danke dir, dass du mich genommen hast.
Im Jahr 1862 erfuhren die kleinen Abendandachten im Hause derer von Massow eine bedeutsame Ausweitung. Julie gründete den „Psalmenbund“, eine Gebetsgemeinschaft für alle, die die Psalmen und den Frieden liebten, Protestanten wie Katholiken. Sie verschickte „Psalmenlesezettel“, die neben den Kalendertagen auch den zu betenden Psalm verzeichneten. Dazu verbreitete sie die von ihr verfassten Abendgebete, bis diese ab 1876 auch gedruckt wurden, und so entstanden allenthalben Gebetsgruppen, auch in Schweden, in England und sogar in Griechenland. Ihr Gatte war diesbezüglich ganz Wohlwollen. Da fand am 24. September 1868 das Eheglück beider ein jähes Ende: Herr von Massow erlag einem Gehirnschlag.
1870 brach der Deutsch-Französische Krieg aus, und Julie meldete sich zur Verwundetenpflege nach Düsseldorf, damals eine Stadt mit ausgeprägt katholischer Atmosphäre. Diesen Aufenthalt am Rhein bezeichnete sie künftig als den Anfang ihres katholischen Lebens. 1871 kehrte sie auf ihren Witwensitz Wilhelmstal in Pommern zurück und da fällt auf, wie sie diesen ihren Wohnsitz zu verstehen imstande war.
Herz-Jesu-Tal, in deinem Frieden
Lass die betrübte Seele ruh’n.
Im Herzen Jesu will hienieden
Ich leiden, streiten, Gutes tun.
In dieses Herz will ich mich retten,
Wenn sie den Leib zu Grabe betten.
Eine kleine Herz-Jesu-Statue zierte ihren Schreibtisch ...
Am Sterbebett ihrer Schwägerin versprach sie, sich ihres kränklichen, schwächlichen Neffen anzunehmen und dessen Erziehung zu übernehmen. Damit legte sie sich selbst eine Fessel an, indem sie nämlich gelobte, solange mit ihrer Konversion zuzuwarten, bis Karl großjährig geworden sei. Er sollte durch ihre Konversion nicht in einen inneren Zwiespalt geraten.
Schon hatte Bismarck den „Kulturkampf“ vom Zaun gebrochen; den Franziskanern in Düsseldorf war es von nun an verboten zu betteln bzw. um Spenden zu bitten. Da schrieb Julie ein neues Herz-Jesu-Lied. Sie schrieb es viele Male ab und verschickte es an ihren Freundeskreis – und erhielt dafür finanzielle Zuwendungen, die sie an die Franziskaner weiterleitete. Protestantische und katholische Blätter veröffentlichten dieses Lied zu Ehren des göttlichen Herzens und das war auch der Beginn der literarischen Tätigkeit unserer frommen Witwe. Sie dichtete Lieder und vertonte sie selbst 1. Römisch gesinnt, aber immer noch protestantisch, stiftete sie heilige Messen „ad tollendum schisma“, zur Beseitigung der konfessionellen Trennung.
Nach Dresden übersiedelt, übernimmt sie die Führung des protestantischen Magdalenenhilfswerkes, um Sünderinnen auf den rechten Weg zurückzuhelfen. Sie führt aber auch ein „offenes Haus“, das durch die sogenannten „Montagabende“ eine gewisse Berühmtheit erlangen sollte. Hier trafen sich rechtschaffene Männer, führende Köpfe, denen die Wiedervereinigung im Glauben ein wirkliches Anliegen war. Die „Montagmutter“ Julie selbst sah ja in der Kirchenspaltung das größte Unheil der Neuzeit. Aus diesem Kreis erstand die Zeitschrift „Ut Omnes Unum“, nach dem Hohenpriesterlichen Gebet Jesu benannt, der am Abend vor seinem Leiden für seine Jünger gebetet hatte, dass alle eins seien (Joh 17,21). Diese Zeitschrift sollte dem geistlichen Zusammenhalt des eben 1878 gegründeten Gebetsvereines gleichen Namens dienen, der Protestanten und Katholiken im täglichen Bitten um Einheit vereinen sollte. Die Mitglieder beteten Tag für Tag das „Veni Sancte Spiritus“, das Vaterunser, das Ave Maria2 (!) und das Ehre sei.
Nach langem, geduldigen Warten erlebte Julie endlich die Großjährigkeitserklärung ihres Neffen Karl. Nun war für sie das letzte Hindernis beseitigt, das zu bekennen, was sie innerlich bereits längst geworden war – eine Tochter der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche. Ich verlasse nicht den Glauben unserer Väter, schrieb sie an ihre Schwester Leopoldine, die Diakonisse in Potsdam war, ich bekomme nur die vollen Schätze zurück, die wir ohne Schuld eingebüßt haben. So konvertierte sie freudigen Herzens und gemeinsam mit einer Freundin in Mariaschein (heute Bohodusov bei Teplitz). Es schien ihr, sie sei die Taube, die in die rettende Arche einfliegt.
Ich habe nun den Grund gefunden,
der meinen Anker ewig hält.
Es drängte sie, erneut nach Rom zu pilgern, diesmal als bekennende Katholikin, und am 5. Mai 1887 kniete sie vor dem Heiligen Vater Papst Leo XIII. Unendlich gütig, liebevoll väterlich und teilnehmend freundlich gab ihr der Pontifex seinen Segen für die beiden Gebetsvereine. Fünf Tage später begegnete sie dem hl. Don Bosco, der ebenfalls seinen Segen gab – für sie und für ganz Deutschland.
Als Gesegnete kehrte sie nach Stettin zurück, wo sie bei den Borromäerinnen eine Bleibe gefunden hatte: Gelobt sei Gott für alles! 3 Gebrechlichkeit und zunehmende Altersbeschwerden konnten ihren Eifer nicht brechen, der sich mehr denn je in einer stets anwachsenden Korrespondenz ausdrückte. Da sie ein Postbuch führte, sind wir genauer informiert; im Jahr 1899 registrierte sie 1.854 erhaltene und 1.976 abgesandte Briefe. Es waren Schreiben der „Psalmenmutter“ an all jene, die sie für den Psalmenbund hatte gewinnen können; Schreiben, die zum beharrlichen Flehen um die Wiedervereinigung im Glauben ermunterten. Dabei unterließ sie alles Taktlose und Verletzende. Zur Konversion auffordern? Das tue ich niemals. Nicht werben, sondern warten, bis man mich fragt, und dann sehr schnell entgegenkommen ...
Dem Bischof von Breslau schrieb sie, wie wichtig es sei, dass die Kirchen geöffnet seien und den Blick auf den Tabernakel gestatteten, und wäre es auch nur durch ein Gitter. Dort, vor dem Gitter, finden die meisten Konversionen statt.
Ihren letzten Lebensabschnitt verbrachte sie in Dresden bei den „Grauen Schwestern“ 4. Jetzt erfüllte sich mehr und mehr ein Gebet aus früheren Tagen: Mein Gott, lass mich doch nicht sterben, ehe ich meinen Glauben bekannt, dich im hl. Sakrament empfangen, mein Testament gemacht und meinen Schreibtisch geordnet habe. Die Herzkrämpfe in schlaflosen Nächten mehrten sich, das Wasser stieg höher und höher. Ich bin namenlos schwach. Am 26. Februar 1902 empfing sie die Krankensalbung und am 5. März 1902 durfte sie ganz sanft entschlafen, ohne Todeskampf. In Rohr, am Familiensitz derer von Massow, fand ihr Leib seine letzte Ruhestätte. Im Campo Santo aber, dem Friedhof der Deutschen im Vatikan, wurde eine Gedenktafel angebracht, deren Inschrift lautet:
Bete für
JULIE VON MASSOW GEB. V. BEHR,
die zurückgekehrt in Noes Arche
Botin des Friedens, Mutter des Psalmenbundes,
Roms treueste Tochter,
zu Dresden den Flug zur Himmelsarche nahm.
LITERATUR: Maria Bernardina GRUA, Julie von Massow, geborene von Behr. Ein Lebensbild, Freiburg im Breisgau 21912. – Julie von Massow, in: Der Sendbote des Göttlichen Herzens Jesu 38, 1902, S.16f. – Sophie PATAKY, Lexikon deutscher Frauen der Feder, Bd.2, Berlin 1898, S.21
1 25 Lieder sind beispielsweise, mit Tonsatz versehen, unter dem Titel erschienen: Zum Feierabend. Liedermappe für das christliche Haus, Augsburg 1894. - 2 Auch das Ave Maria wurde von Julie vertont: Zum Feierabend, S.44f. - 3 Es sind dies die letzten Worte des hl. Johannes Chrysostomus vor seinem Tod 407. Sie sind Thema eines anderen Liedes: A.a.O. Nr.7, „Auf St. Johannes Chrysostomus Tag und Wort“, S.14. - 4 Es handelt sich dabei um die „Grauen Schwestern von der hl. Elisabeth“ mit dem Mutterhaus in Breslau, gegründet 1842, die sich vor allem der Krankenpflege und anderen caritativen Werken widmen.